Es gibt Sachen, die scheinen unerreichbar weit weg. Irgendwie unrealistisch und erstmal nicht passend – oberflächlich betrachtet. Das Gefühl hatte ich oft, wenn ich darüber nachdachte, einen Schritt vorwärts zu gehen, was meine Yogapraxis anbelangt.

Ich hatte oft den Gedanken, nicht gut genug zu sein, die Asanas seien nicht perfekt und überhaupt bin ich nicht bereit dafür. Ich muss weiter üben, üben, üben.

Aber wann ist man denn jemals richtig bereit für etwas? Und muss man perfekt sein, um anzufangen?

Bereits vor unserer Reise praktizierte ich regelmäßig Yoga und meditierte gern und oft. Während der Reise setzte sich diese Leidenschaft fort. Die Yogamatte rollte ich oft in jedem noch so kleinen Zimmer aus. Sie war und ist mein Rückzugsort. Mein Wohlfühlort, auch wenn es mir mal nicht so gut geht. Diese Beständigkeit habe ich gebraucht und sie ist nicht mehr aus meinem Leben weg zu denken.

Oft hatte ich bereits darüber nachgedacht, ein Yogateachertraining zu absolvieren. Doch immer wieder kamen Zweifel in mir hoch und ich vertagte den Gedanken wieder. Irgendwann in Australien hat es laut klick gemacht und der Gedanke einer Ausbildung wurde immer präsenter.

Die Suche beginnt…

Ich durchforstete das Internet nach Schulen und Angeboten. Zwischendurch hatte ich das Gefühl vom Überangebot erschlagen zu werden, vor allem weil ich keine Präferenz hatte, was das Land anging.

Irgendwann blieb ich in Nepal hängen, doch leider passten die Daten der Ausbildung nicht in unseren Zeitplan. Die Suche ging also erneut los und ich fand Gefallen an Sri Lanka. Auch das sollte wohl nicht sein, denn die Daten im Jahr 2020 waren mir einfach zu weit in der Zukunft.

Auf den Philippinen besuchte ich einige richtig gute Yogakurse und so stieg auch meine Motivation, mich nochmal intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Eines Abends fand ich eine Schule in Thailand und es hat gefunkt. Mein Bauchgefühl hat mir gesagt, dass es diese Ausbildung sein soll und so habe ich wenig später einfach gebucht. Wow, was für ein Gefühl! Ich hatte alle Zweifel über Board geschmissen und nun gab es kein zurück mehr. Ich freute mich wie verrückt und irgendwie löste sich in diesem Moment eine Menge.

Die Ausbildung

Kaum in Thailand angekommen, verlängerten wir unser Visa und fuhren nach Koh Phangan. Das ist nicht nur die Insel der Fullmoonparty, sondern auch die Insel, die für Spirituelle alles mögliche im Angebot hat.

Die Unterkunft war ein Traum und die Yogaschule direkt am Meer mit eigenem Strand. Sie war ruhig und etwas abseits gelegen – genau das, was ich wollte.

Am Abend vor dem ersten Ausbildungstag gab es ein Willkommens-Dinner und wir lernten uns alle kennen. Ich war aufgeregt, was sich allerdings schnell legte. Wir waren eine kleine Gruppe mit nur 13 Leuten und wuchsen innerhalb kürzester Zeit eng zusammen. Die Lehrer waren fantastisch und ich war begeistert von der Art wie sie unterrichteten.

Ein typischer Tag sah in etwa so aus:

6.30 Uhr Meditation
7.00 Uhr Yoga (Hatha, Vinyasa, Ashtanga)
9.00 Uhr Frühstück
10.00 Uhr Philosophie
11.30 Uhr Art of Teaching
13.00 Uhr Mittag
16.00 Uhr Yoga (Hatha, Yin)
18.00 Uhr Aktive Meditation

Wir hatten außerdem Anatomie & Psychologieunterricht, allerdings nicht täglich. Zudem gab es Kurse zu Numerology, Business of Yoga und weitere.  Einmal pro Woche fand auch Kirtan statt – meine Lieblingsbeschäftigung!

Viel wert wurde auf unseren Philosophieunterricht gelegt und unser Lehrer Alex konnte die Philosophie des Yogas so gut vermitteln, wie es bisher kein Buch auch nur annähernd geschafft hat. Philosophie war mein Lieblingsunterricht und ist wohl vor allem Alex zu verdanken. Ich mochte es sehr, dass Philosophie bei dieser Schule so im Vordergrund stand, denn leider gerät das oft in Vergessenheit, wenn wir Yoga praktizieren.

Alles in Allem waren die Tage lang aber vergingen trotzdem wie im Flug. Die Mittagspausen verbrachten wir vor allem in der ersten Woche entweder schlafend oder am Strand. In den darauffolgenden Wochen nutzen wir die Pausen oft zum üben und lernen.

Mindestens 4 Stunden Asanapraxis am Tag, 6 Tage die Woche, hinterließen ihre Spuren. Spätestens in Woche drei war mein Körper müde und ich spürte, dass Regenerationszeit fehlte. Nichtsdestotrotz hieß es in Woche drei die praktische Prüfung vorzubereiten. Aus 4 Stunden Yoga am Tag wurden also gerne auch mal 6 Stunden, doch es war zu keinem Zeitpunkt eine Last. Vielmehr hat es mich jede Sekunde erfüllt und richtig angefühlt.

Julias YTT

Eine Reise zu mir selbst

Doch neben der körperlichen Praxis war auch die mentale Reise nicht zu unterschätzen. Vier Wochen verbrachte ich immens viel Zeit mit vielen tollen Persönlichkeiten und wir alle lernten uns in relativ kurzer Zeit sehr intensiv kennen. Die Meditationen und die Philosophiestunden wirbelten uns ganz schön auf und ließen Dinge an die Oberfläche steigen, von denen wir nicht mal wussten, dass sie existieren. Wir weinten gemeinsam, waren füreinander da und haben uns unterstützt. Es war ein wunderschönes Gefühl der Zusammengehörigkeit, ohne Vorurteile oder Lästereien. Wir konnten zu jeder Zeit ehrlich zueinander sein und die Lehrer hatten immer ein offenes Ohr und eine starke Schulter zum anlehnen. Der Raum, der geschaffen wurde, war sicher und alle Emotionen waren willkommen. Diese Erfahrung war wohl eine der prägendsten während der Ausbildung. Denn Yoga ist vielmehr ein Work-In als ein Work-Out.

Wie bereits erwähnt, verging die Zeit wahnsinnig schnell und plötzlich standen bereits die Prüfungen auf dem Plan. Wir mussten eine theoretische Prüfung ablegen und eine Praktisch. Die praktische Prüfung bestand daraus, eine Yogastunde vorzubereiten und zu unterrichten.

Ich war die Erste und war sehr aufgeregt vor der Yogastunde. Nach ein paar Minuten und der Anfangsmeditation verflog meine Aufregung und ich fing an die Yogastunde zu genießen. Es war ein tolles Gefühl, das Erlernte weitergeben zu können und teilen zu dürfen. Am Ende meiner ersten Yogastunde war ich so glücklich und fühlte mich gleichzeitig so angekommen. Es hat sich alles gut und richtig angefühlt. Der perfekte Moment.

Das Danach…

So sehr wie ich mich auf all das gefreut hatte, so schnell war es auch wieder vorbei. Es war ein komisches Gefühl, die Schule zu verlassen und aus der ach so schönen Blase zu kriechen. Aber es war auch wichtig, um das Erlernte in den Alltag integrieren zu können und weiterzulernen.

Die Ausbildung wollte ich zu Beginn vor allem machen, um meine eigene Yogapraxis zu verbessern. Unterrichten stand nie auf meiner Prioritätenliste. Doch das hat sich geändert. Nun ist der Gedanke nicht mehr so abwegig, dass ich unterrichten möchte. Ich habe das Gefühl, das Geschenk, was Yoga für mich darstellt, in die Welt tragen zu müssen und teilen zu wollen. Mit dir. Mit euch. Mit allen!

Julia bei ihrem YTT

Außerdem eine für mich wichtige Erkenntnis ist, dass man nie perfekt sein muss, um etwas zu beginnen. Das Leben ist ein Lernprozess und wäre es nicht langweilig, wenn wir alles schon perfekt beherrschen würden? Viel öfters sollten wir einfach kopfüber ins Abenteuer springen, uns überraschen lassen und unserer Intuition vertrauen. Denn genau diese Intuition weiß, was gut ist. Der Kopf beschränkt uns oft zu sehr.

In Zukunft möchte ich also mutiger sein Pläne und Träume, die sich dahingehend in meinem Kopf befinden, umzusetzen. Mutig sein und mir es auch erlauben, zu scheitern. Denn scheitern bedeutet nicht zu versagen, sondern Mut bewiesen zu haben.

Bis dahin kommt Matthias allmorgendlich in den Genuss einer Yogastunde, was für mich perfekt ist, um zu üben. Ich freue mich unheimlich auf die Zukunft – weiter lernen & hoffentlich auch lehren.

“First you learn Yoga, then you teach Yoga, finally you live Yoga.” Swami Satyananda

Herz aus Blüten beim YTT

Falls du Fragen hast oder mehr erfahren möchtest, schreib mir gern!

*Es ist schwer für mich, für das Erlebte die richtigen Worte zu finden, denn es macht mich auf eine positive Art und Weise sprachlos. Dieser Beitrag gibt einen sehr minimalistischen ersten Eindruck. Ich hoffe trotzdem, dass dir dieser kleine Einblick gefallen hat. Namasté!