Wenn der Traum zum Albtraum wird, muss man stark sein. Soweit die Theorie. Doch wie sah das in der Praxis aus? Und was genau ist eigentlich passiert?

Ich war mir Unsicher, ob dieses Thema überhaupt einen Blogbeitrag verdient hat. Mittlerweile bin ich mir sicher, dass dieser Beitrag seine Berechtigung haben wird. Warum? Das erfährst du am Ende.

Unser Traum vom Roadtrip

In der USA durften wir für 10 Tage in das Leben “on the road” rein schnuppern. Wir sind viele Kilometer gefahren, haben die Freiheit genossen & es geliebt völlig spontan Entscheidungen treffen zu können – ohne viel organisieren zu müssen.

Diese kurze Zeit hat uns noch mehr darin bestätigt, dass wir in Australien auf jeden Fall ein Auto kaufen möchten und im besten Fall einmal Australien umrunden wollen. Wir wollten unseren Lebensmittelpunkt auf vier Reifen verlagern und lernen mit ganz wenig sehr glücklich zu sein.

Gesagt getan. Erste Station in Australien war Sydney. Danach sind wir nach Melbourne geflogen, um uns dort einen Job zu suchen. Unseren ersten Job fanden wir recht schnell. Für diesen Job war ein Auto jedoch Voraussetzung, da die Farm sehr abgelegen war. Wir hatten schon ein Auto im Blick und trafen uns mit den Vorbesitzern.

Es war ein Honda mit Zelt auf dem Dach. Genauso wie wir es uns vorgestellt hatten. Das Zelt war brandneu und im Gegensatz zu anderen Autos in Australien hatte dieser Honda “nur” 190 000 KM auf dem Tacho.

Die zwei Verkäufer machten einen vertrauenswürdigen Eindruck, konnten alle Rechnungen vorweisen von Reparaturen und das Auto hatte nur einen weiteren Vorbesitzer. Nachdem wir den Preis um fast 2000 $ runterhandeln konnten, kauften wir das Auto schließlich. Das Ummelden lief problemlos.

Wir reinigten unser Auto im Anschluss gründlich, ließen nochmal einen Mechaniker drüber gucken und waren erleichtert, als dieser sagte, dass alles in Ordnung sei mit dem Auto.

Nach und nach richteten wir unser Zelt ein. Es war richtig gemütlich und natürlich durfte auch die obligatorische Lichterkette nicht fehlen. Bevor wir das Auto jedoch auf die Reisetauglichkeit testen konnten, arbeiteten wir erstmal auf der Kuhfarm. Das Auto war treuer Begleiter auf unserem täglichen Arbeitsweg.

Miniroadtrip – hält das Auto was es verspricht?

Da wir nach zwei Monaten die Farm gewechselt haben, hatten wir etwa eine Woche “Urlaub” zwischendurch und haben diese Woche mit einem Roadtrip entlang der Great Ocean Road verbracht. Lisa, eine Freundin aus Deutschland, war zu Besuch und unser Auto mit drei Personen und Gepäck gut ausgelastet.

Wir beim Essen während des Campings

Um es vorweg zu nehmen: Der Roadtrip war perfekt. Wir haben eine Menge gesehen, unter Sternen geschlafen und haben sogar zu dritt ins Dachzelt gepasst!

Camping unter Sternen in Australien mit unserem Auto

Nach dieser gelungenen Prämiere freuten wir uns umso mehr, auf das was noch kommen sollte.

Freiheit, wir kommen!

Ende Oktober war es soweit und wir verließen auch die zweite Farm. Wir hatten genug von der täglichen Melkarbeit und mussten die Eindrücke ohnehin erstmal verarbeiten (Wieso? Das ließt du hier).

Wir beschlossen zu erst nach Adelaide zu fahren, dort noch mal das Auto durchchecken zu lassen und von da aus in Richtung Perth aufzubrechen. Uns war es wichtig alles abzuchecken, da die Strecke von Adelaide nach Perth sehr unbelebt ist. Sollte das Auto da liegen bleiben oder wir Hilfe benötigen, würde es wahnsinnig teuer werden.

Matthias fuhr die Strecke von der Farm (nördlich von Melbourne) bis nach Adelaide in einem Ritt. Eigentlich wollten wir eine Nacht irgendwo übernachten aber meine Gesundheit machte uns einen Strich durch die Rechnung. Mit Fieber und Schüttelfrost verschlief ich fast die komplette achtstündige Fahrt.

In Adelaide angekommen, vereinbarten wir direkt einen Termin für den Service und hofften auf das Beste.

Der erste Dämpfer

Das Ergebnis des Service stimmte uns nicht sonderlich fröhlich. Es musste einiges gemacht werden. Manches besonders dringend, Anderes weniger dringend. Wir entschieden uns die dringlichen Sachen zu machen und uns um den Rest zu kümmern, wenn wir in Perth sind.

Da die Reparaturen erst am Montag gemacht werden konnten, entschieden wir uns das Wochenende für einen weiteren kleinen Roadtrip zu nutzen und fuhren in die Adelaide Hills. Wunderschön! Hätten wir zu diesem Zeitpunkt gewusst, was noch passieren wird, hätten wir die Zeit nochmal mehr genossen.

Neue Woche, neues Glück, oder wie war das? Wir ließen also knapp 1500 $ in der Werkstatt und brachen an einem Montag auf in Richtung Perth. Viel Geld für uns aber wir waren froh, nun ohne große Sorgen diese Strecke zurück legen zu können. (HAHAHA!)

Und der Albtraum nimmt Fahrt auf …

Nach etwa 500 gefahrenen Kilometern ruckelte unser Auto plötzlich komisch rum und gab Geräusche von sich, die wir zuvor noch nie gehört hatten.

Wir waren in Kimba angekommen. Hier wollten wir ohnehin die Nacht verbringen. Während ich noch relativ entspannt war und mir dachte, dass am nächsten Morgen wieder alles gut sein wird, war Matthias mit seinen Gedanken nonstop beim Auto. Wir einigten uns darauf, eine Werkstatt aufzusuchen, sollten die Probleme morgens noch bestehen.

Wir schliefen wohl beide mit dem Wunsch ein, keine Werkstatt aufsuchen zu müssen.

Leider kam es anders und wir merkten direkt beim Anlassen des Autos, dass da was nicht stimmt. Wir gaben das Auto also in der Werkstatt ab und hockten uns in ein Café. Sehnsüchtig warteten wir auf den Anruf des Mechanikers, auch wenn wir insgeheim gar nicht wissen wollten, was das Problem ist. Wir hatten ein ungutes Grummeln im Bauch und auch der Kaffee hat da nicht geholfen.

Irgendwann klingelte dann unser Handy und wir machten uns in strömenden Regen auf den Weg in die Werkstatt. Die frohe Botschaft: Wahrscheinlich funktioniert ein Zylinder nicht mehr. So richtig sicher, waren sich die Jungs aber nicht und rieten uns noch eine andere Werkstatt aufzusuchen.

Wir waren erschüttert und konnten diese Diagnose gar nicht richtig einordnen. Dummerweise haben wir beide nicht so wirklich viel Ahnung von Autos. Wir riefen also zu einer unmöglich frühen Uhrzeit unseren Freund Adrian an. Adrian klärte uns auf und meinte, wir sollen uns auf jeden Fall eine zweite Meinung einholen. Gut, wir fuhren also 200 km (zurück!) in die nächst gelegene Werkstatt. Ja, richtig – 200 km. Willkommen in Australien.

Hoffnung – oder doch nicht?

Endlich an der Werkstatt angekommen, wollten die gerade schließen. Anscheinend hatten sie Mitleid und erklärten sich einverstanden, dass Auto ganz kurz zu untersuchen. Wir verschwiegen, dass wir bereits in einer anderen Werkstatt waren.

Nach einer halben Stunde bekamen wir eine andere Diagnose, die nicht das Ende bedeutet hätte. Ein Ersatzteil für 130 $ sollte die Lösung aller Probleme sein. Wuhu!

Das Ersatzteil würde allerdings 3 Tage brauchen bis es in der Werkstatt ist. Wir durften solange direkt vor der Werkstatt campen. Nebenan war ein Shoppingcenter inklusive Toiletten. Naja, es hätte schlimmer kommen können und wir waren wieder etwas besser drauf. Die Jungs machten einen kompetenten Eindruck und wir steckten all unsere Hoffnung in dieses Ersatzteil.

Campen auf so einen Parkplatz war ganz nebenbei auch eine Erfahrung, die wir sonst wohl nicht gemacht hätten. Interessant.

Unser Auto vor der Werkstatt

Nach drei Tagen, die gefühlt ewig nicht vergingen, wurde das Ersatzteil geliefert, das Auto zurück in die Werkstatt geschoben und wir machten uns aus dem Staub.

Echt jetzt? (Hallo Albtraum!)

Ich erinnere mich noch ganz genau, wie all das ablief, was ich ab hier schreibe.

Wir standen im Supermarkt und mittlerweile waren fünf Stunden vergangen, in denen wir sehnsüchtig auf einen Anruf warteten. Wir wollten endlich wissen, ob alles geklappt hat, ob das Ersatzteil eingebaut ist und so gern wollten wir hören, dass alles gut ist und wir unseren Trip fortsetzen können.

Das Telefon klingelte, doch so richtig schlau wurden wir aus dem Telefonat nicht. Wir sollen vorbei kommen, sie wollen persönlich mit uns reden. Irgendwas in uns sagte uns bereits, dass das nicht das beste Zeichen ist. Verrückt machen wollten wir uns zu dem Zeitpunkt trotzdem noch nicht und versuchten möglichst ruhig und besonnen zurück zur Werkstatt zu laufen.

Dort angekommen, ging alles ziemlich schnell. Wir erfuhren, dass das Ersatzteil nicht den Fehler behebt und wir mit großer Wahrscheinlichkeit einen Motorschaden haben. Was? Einen Motorschaden? Das ist unmöglich.

Innerhalb von 2 Minuten wurde uns plötzlich gezeigt, was die Ursache ist. Und dafür standen wir drei Tage auf dem Parkplatz? Haben nochmal massig Geld in das alles gesteckt?

Alles rauscht. Ich will schreien aber drohe zu ersticken. Ich kann nicht glauben, was wir hier gerade hören. Ich will nicht, dass das wahr ist. Warum?

Ich breche in Tränen aus. Fette Krokodilstränen laufen meinen Wangen herunter. Matthias ist einfach still, wie versteinert. Wir lehnen uns gegen die nächste Wand und ich rufe aus Verzweiflung meine Mama an. Vor lauter Schluchzen bekomme ich kaum ein Wort heraus.

Die Situation ist für uns in dem Moment so unbegreiflich, wir haben eine Menge Geld verloren und sitzen mitten im Nirgendwo.

Wie geht’s weiter?

Ein neuer Motor hätte mehr gekostet, als das Auto überhaupt wert ist. Das war zu keinem Zeitpunkt eine Option für uns.

Wir beschlossen, das Auto zu einem Spottpreis zu verkaufen. Jedes mal wenn wir im Auto saßen, konnten wir nicht fassen, dass es einfach nicht mehr lang fahren wird. Alles war doch so gepflegt und machte einen super Eindruck.

Die Chancen das Auto in diesem kleinen Ort zu verkaufen, waren sehr gering. Adelaide hieß also mal wieder unser Ziel mit der Hoffnung dort jemanden zu finden, der ein Auto mit Motorschaden abkauft.

Lange Geschichte kurz zusammengefasst: Natürlich haben wir keinen Käufer gefunden. Zwei Wochen haben wir täglich Interessenten und Händler getroffen aber alles erfolglos. Wir hatten keine Energie mehr und wollten mit dem Thema so schnell wie nur möglich abschließen. Unser Zelt verkauften wir separat, das Campingequipment gaben wir in Secondhand Läden ab und das Auto? Das Auto schafften wir auf den Schrottplatz. Wir nahmen die Nummernschilder mit, meldeten es später ab & brauchten eine Weile, um den Verlust, wenn auch materiell, zu verdauen.

Zwischendurch haben wir mehrmals überlegt einfach nach Asien zu flüchten und Australien den Rücken zuzukehren.

Wir warten vor der Autowerkstatt

Was haben wir daraus gelernt?

Es wäre gelogen, wenn ich hier jetzt schreiben würde, dass das nun alles vergessen ist und es nicht mehr schmerzt, wenn wir daran denken.

Was nicht gelogen ist, ist das wir aus der Situation gelernt haben. Wir sind froh, dass wir gesund sind, dass wir keinen Unfall hatten, dass wir nicht im Outback stehen geblieben sind.

Unsere Überzeugung ist, dass alles aus einem Grund passiert. Auch wenn wir den Grund nicht immer direkt kennen, vertrauen wir darauf.

Ja, unser Traum vom Roadtrip rund um Australien hat sich nicht erfüllt. Es war ein kurzer Albtraum – vor allem aus finanzieller Sicht. Es hat uns viel Energie gekostet aber mittlerweile geht es uns gut damit, denn Geld ist eben nicht alles.

Der Verlust des Autos und somit der Verlust einer Menge Geld bedeutet, dass wir wahrscheinlich nicht so lang reisen können, wie ursprünglich gedacht. Wir nutzen Australien nun vor allem, um Geld zu verdienen & unser Loch in der Reisekasse zu stopfen. Wir möchten das Beste aus der Situation machen und nicht kampflos aufgeben – nur wegen einer blöden Schrottkarre.

Nun reisen wir wieder viel langsamer und merken, dass uns das eben auch ganz gut gefällt. Wir geben Orten automatisch viel mehr Zeit, anstatt nur schnell durchzufahren.

Ach und noch was wichtiges: Wir haben uns vorgenommen, viel mehr den Moment zu genießen! Auch wenn ich der Meinung bin, dass wir schon ganz gut im Hier & Jetzt leben, kann es nie schaden, ganz präsent zu sein & zu genießen, was man hat.

Danke, wenn du bis hier hin gelesen hast!

Puh, jetzt bin ich selbst ganz überrascht, wie lang dieser Beitrag geworden ist. Es war wohl höchste Zeit auch dieses nicht so schöne Erlebnis mit euch zu teilen. Eine Weltreise fordert einen – nicht immer positiv. Genau deswegen sind wir vielleicht auch an dieser Situation gewachsen. Wir haben zusammen gehalten, nach Lösungen gesucht und sind jetzt zufrieden mit der Gesamtsituation. Und ja, mittlerweile können wir über dieses Thema sogar lachen.

Was es von uns auf diesem Blog aber wohl nie geben wird? Einen Beitrag à la “Tipps zum Autokauf in Australien”.